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Maschinelles Lernen entdeckt Antibiotika im Darm

Geschrieben von:

Kornelia C. Rebel

Medizinisch überprüft von:

Inhaltsüberblick

Resistenz gegen Antibiotika riesiges Gesundheitsproblem

Experten schätzen, dass die Zahl der Todesfälle durch resistente Bakterien im Jahr 2050 auf 10 Millionen steigen wird. Das könnte zu einem Zustand führen, der mit der Situation vor der Entdeckung von Penicillin vergleichbar wäre. Die langjährige Entwicklung dieses Antibiotikums zählt zu den größten Fortschritten des Gesundheitswesens im vergangenen Jahrhundert.

Natürliche Wirkstoffe, die Krankheitskeime abtöten können, verwenden die Menschen seit Tausenden von Jahren. Doch erst die chemische Keule der Antibiotika konnte viele verschiedene Bakterien mit Sicherheit abtöten. Mittlerweile hat sich jedoch gezeigt, dass Wissenschaftler die Schnelligkeit dieser Krankheitserreger offensichtlich unterschätzt haben – genauer: wie schnell sie sich anpassen können.

Problematisch: Horizontaler Gentransfer und Geschwindigkeit

Bakterien können sich sehr schnell reproduzieren. Dazu kommt ihre Fähigkeit, Gene zwischen verschiedenen Bakterienarten auszutauschen. Das wird als horizontaler Gentransfer bezeichnet. Diese Flexibilität führt dazu, dass es immer mehr gegen Antibiotika resistente Bakterien gibt.

In diesem Zusammenhang wird die Hilfe von Computern immer wichtiger. Maschinelles Lernen basiert auf der Auswertung von riesigen Datensätzen.

Für die aktuelle Studie verwendeten die Wissenschaftler eine Kombination von verschiedenen maschinellen Lernmodellen.  

Große Datenmengen ermöglichen Vorhersagen

An 1113 Bakterienarten führten sie zunächst eine Sequenzierung des gesamten Genoms durch. Anschließend wurden die Daten von 140.349 Harnwegsinfektionen und 7365 Wundinfektionen analysiert. Maschinelles Lernen fand dabei heraus, dass die durch eine mit Antibiotika verursachte Resistenzbildung bei Patienten vorhergesagt und damit verringert werden kann.

Die Wissenschaftler betonten, dass Resistenzen häufig auftraten. Interessanterweise beobachteten sie nicht oft die Entwicklung neuer Resistenzen. Stattdessen stellten sie fest, dass ein anderer, gegen das verschriebene Antibiotikum resistenter Bakterienstamm schnell eine neue Infektion verursachte und die Erstinfektion ersetzte.

181 synthetische Peptide mit Antibiotikawirkung

Für die Vorhersage dieser wiederaufgeflammten Infektion, ein sogenanntes Resistenz-Rezidiv, untersuchten die Forscher die Mikrobiota der Patienten und ihre früheren Infektionen. Diese Erkenntnisse kombinierten sie mit einer großen Datenbank von Proteinen.

Dabei fanden sie 2.349 mögliche Peptide mit antimikrobieller Wirkung (AMP). Peptide sind Verbindungen von verschiedenen Aminosäuren. Weitere Analysen, unter anderem basierend auf Genexpressionsdaten, reduzierten diese Zahl auf 241. Von diesen 241 Peptiden konnten die Forscher 216 synthetisieren. 181 dieser künstlich erzeugten Peptide zeigten eine antimikrobielle Aktivität.

Starke Unterschiede zu bekannten AMP

Interessanterweise unterschieden sich diese Peptide stark von bisher bekannten AMP. Von diesen neuen Peptiden wählten die Forscher die 11 stärksten aus. Sieben von ihnen wurden von der Gattung Bacteroides produziert, einer dominanten Gattung im menschlichen Darmmikrobiom.

Der kraftvollste Bakterienkiller war das Peptid c_AMP1043, das sich selbst in niedrigen Konzentrationen als wirksam gegen mehrere multiresistente Stämme von A. baumannii, E. coli und K. pneumoniae erwies. Außerdem zeigte sich, dass eine 30 Tage lang dauernde Behandlung von E. coli mit diesem AMP nicht zu einer Antibiotikaresistenz führte.

Weg für die Entwicklung neuer Antibiotika

Dann beobachteten die Forscher in einem Mausmodell für Lungenentzündung bereits nach 24 Stunden Behandlung mit c_AMP eine signifikante Abnahme der K. pneumoniae-Last.

Diese Studie zeigt, wie die Kombination verschiedener Methoden von maschinellem Lernen und eine große Datenmenge des menschlichen Mikrobioms den Weg für die Entdeckung neuer Antibiotika ebnen kann. Allerdings verstehen die Forscher ihre Untersuchungen zunächst als Proof of Concept.

Sie weisen darauf hin, dass die Sicherheit dieser antimikrobiellen Peptide genau untersucht werden muss. Außerdem gilt es als sicher, dass Bakterien auch gegen neue Antibiotika Resistenzen entwickeln können.

Quelle:

Ma, Yue & Guo, Zhengyan & Xia, Binbin & Zhang, Yuwei & Liu, Xiaolin & Yu, Ying & Tang, Na & Tong, Xiaomei & Wang, Min & Ye, Xin & Feng, Jie & Chen, Yihua & Wang, Jun. (2022). Identification of antimicrobial peptides from the human gut microbiome using deep learning. Nature Biotechnology. 1-11. 10.1038/s41587-022-01226-0. (https://www.researchgate.net/publication/358994289_Identification_of_antimicrobial_peptides_from_the_human_gut_microbiome_using_deep_learning)

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