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Ciclosporin – Der Pilz-Wirkstoff gegen Autoimmunerkrankungen

Ciclosporin Cyclosporin
12 Minuten

Geschrieben von:

Natalie Müller

Medizinisch überprüft von:

Dr. Barbara Müller

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 28. November 2022 um 14:29

Was ist Ciclosporin?

Ciclosporine sind eine Klasse von immunsupprimierenden Medikamenten, die man Immunsuppressiva nennt. Der Name kommt aufgrund des ringförmigen Aufbaus der Moleküle zustande.

Ciclosporin A, oder Cyclosporin A, ist das bekannteste und etablierteste Ciclosporin. Im weiteren Verlauf dieses Beitrags ist immer, wenn von Cyclosporin die Rede ist, das A gemeint.

Ursprünglich kommt dieser Wirkstoff (wie viele Antibiotika) in Pilzen vor. Genauer gesagt in Tolypocladium Inflatum und Cylindrocarpon lucidum. Zur Verwendung in Medikamenten wird er synthetisch oder biotechnologisch hergestellt und weiterverarbeitet.

In den Apotheken ist der Wirkstoff als Immunosporin, Sandimmun Optoral, Ikervis oder CicoralTM in den Stärken 100 mg, 50 mg und 25 mg in Form von Weichkapseln erhältlich. Für Patienten mit Schluckstörungen gibt es Cyclosporin als Lösung mit 100 mg/ml. Zudem gibt es Augentropfen und Infusionslösungen. Der immunsupprimierende Arzneistoff besteht aus 11 Aminosäuren, welche in einem großen Ring vorliegen.

Nach der Entdeckung gingen Wissenschaftler davon aus, dass es lediglich schwach gegen Pilzinfektionen wirken würde. Erst 6 Jahre später, 1976, erkannte man die Beeinflussung der T-Zellen. Weitere 2 Jahre später verhinderte Cyclosporin A die Organabstoßung nach einer Nierentransplantation. Durch weitere Forschungen erkannte man, dass es die Aktivität des Immunsystems, genauer gesagt die der T-Lymphozyten herabsetzt. Doch wie wirkt es im Körper genau?

Wie wirkt Ciclosporin A?

Cyclosporin A ist ein Prodrug. Das bedeutet, dass es erst mit der Metabolisierung aktiviert wird. Es bindet sich nach der Aufnahme an das Protein Cyclophilin. Dieser Komplex bindet sich anschließend an Calcineurin. Calcineurin wird auch Protein Phosphatase 2B genannt und ist ein Enzym. Dieses Enzym spaltet eine Phosphat-Gruppe vom Protein NF-AT, welches für die Transkription bestimmter Gene verantwortlich ist, ab.

NF-AT bedeutet nuclear factor activating T-Cell und kommt daher nur in den T-Lymphozyten vor. Ist NF-AT dephosphoryliert, gelangt es in den Zellkern, wovon aus es die Produktion von Interleukin-2, y-Interferon und weiteren Zytokinen hemmt. Durch diesen Prozess werden T-Lymphozyten in Ihrer Reaktionszeit entschleunigt und die Neubildung geheimmt, sodass es zur Immunsuppression führt.

Bei welchen Erkrankungen kommt Ciclosporin zum Einsatz?

Durch die immunsuppressive Wirkung wird Cyclosporin A hauptsächlich nach einer Organtransplantation und bei Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Mögliche Erkrankungen sind:

  • Psoriasis (Schuppenflechte)
  • Atopische Dermatitis (Neurodermitis)
  • Chronische Entzündungen der Binde- oder Hornhaut
  • Uveitis (Augenentzündung)
  • Glomerulonephritis
  • Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall)
  • Rheumatoide Arthritis
  • Colitis ulcerosa
  • Morbus Crohn
  • Autoimmunhepatitis

Am beliebtesten ist die Therapie von dermatologischen Erkrankungen (Hauterkrankungen). Die Behandlung nicht dermatologischer Erkrankungen wird als Off-Label-Use bezeichnet und ist nur dann empfohlen, wenn herkömmliche Therapien ungenügend wirken oder nicht vertragen werden.

Niedrig dosiert kann es auch bei einer aktiven Lupusnephritis (Lupus erythematodes mit Nierenbeteiligung) eingesetzt werden. 1

Wie wird Ciclosporin eingenommen?

Cyclosporin in Form von Weichkapseln oder Lösung wird zweimal täglich unabhängig von einer Mahlzeit eingenommen.

Mit der Einnahme von Sandimmun sollten Sie keine fettreiche Mahlzeit oder Grapefruitsaft  kombinieren, da diese eine schnellere Aufnahme in den Blutkreislauf zur Folge haben. Zudem sollten Sie Präparate mit Johanniskraut vermeiden, da dieses den Ciclosporin-Spiegel senken und damit das Risiko eines akuten Schubs oder der Organabstoßung zur Folge haben kann. 2

Ciclosporin als Lösung können Sie mit verschiedenen Säften kombinieren, damit Ihnen die Einnahme leichter fällt. Auch hier gilt es, Grapefruitsaft zur Einnahme zu vermeiden. Die Lösung lässt sich mit einer Pipette genau dosieren. Dabei gilt es darauf zu achten, dass die Pipette nicht mit der Flüssigkeit in Kontakt kommt, damit keine Gefahr besteht, dass die nächste Dosis durch die Flüssigkeit verdünnt wird, oder es zu einer Kontamination kommt.

Als Augentropfen verordnet, wird Cyclosporin A abends vor dem zu Bett gehen in das betroffene Auge getropft.

Diese Medikamente, können den Blutspiegel oder die Aufnahme von Sandimmun beeinflussen:

  • Orale Kontrazeptiva
  • Antibiotika wie Erythromycin
  • Kaliumverändernde Medikamente wie Diuretika
  • Schlafmittel
  • Methotextrat
  • Nichtsteroidale Antirheumatika
  • Cholersterinsenker

Aus diesem Grund sollte vor der Therapie mit Cyclosporin abgeklärt werden, welche zusätzliche Medikation erforderlich ist. Auch während der Therapie sollten Sie Ihren Arzt darüber informieren, dass Sie diesen Arzneistoff einnehmen, sodass er kompatible Medikamente verschreibt.

Besondere Kontrollen während der Ciclosporin Therapie

Zu Beginn der Behandlung nach einer Organspende oder zur Behandlung einer Autoimmunerkrankung ist die regelmäßige Blutkontrolle notwendig. Das liegt daran, dass es eine bestimmte Konzentration in Blut benötigt, damit der Wirkstoff optimal wirkt.

Liegt die Konzentration auch nur gering darunter, kann es akute Schübe oder die Organabstoßung nicht mehr gänzlich verhindern. Wird es zu hoch dosiert, steigt das Risiko für Nierenschädigungen, Erkrankungen oder Tumore. Zur Erhaltungstherapie wird die Dosis so gering wie möglich eingestellt.

Doch nicht nur der Wirkstoffspiegel wird regelmäßig bestimmt: Ihr Arzt wird auch den Blutdruck, Ihre Blutfettwerte und die Nieren– und Leberwerte in regelmäßigem Abstand bestimmen und im Auge behalten. Dies dient zur Früherkennung der Nebenwirkungen wie Nephrotoxizität, Bluthochdruck oder Leberproblemen.

Wann sollte Ciclosporin A nicht eingenommen werden?

Wenn Sie eine Unverträglichkeit gegenüber Ciclosporin oder weiteren Bestandteilen des Medikaments haben, sollte es nicht eingenommen werden. Zudem gelten diese Medikamente als Kontraindikation:

  • Dabigatran-Etexilat wie PradaxaTM
  • Bosentan wie TracleerTM
  • Aliskiren wie RasilezTM
  • Johanniskraut

Bevor Sie diese Medikamente mit Cyclosporin A kombinieren, sollten Sie die Einnahme mit Ihrem Arzt besprechen.

Sandimmun enthält Alkohol und Sorbitol. Wenn Sie schwanger sind, stillen, Leberprobleme oder Epilepsie haben, sollten Sie dieses Medikament nicht einnehmen. Zudem sollte es bei einer Alkoholsucht oder vor dem Bedienen von Maschinen und Fahrzeugen eingenommen werden.

Auch bei diesen Symptomen und Erscheinungen sollte die Therapie mit Cyclosporin A sorgfältig geprüft werden:

  • Anzeichen einer Infektion wie beispielsweise Fieber oder Halsschmerzen
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Bluthochdruck
  • Niedriger Magnesiumspiegel
  • Hohe Kaliumwerte
  • Gicht
  • Impfungen mit Lebendimpfstoffen
  • Erhöhte Harnsäurewerte

Eine Behandlungsmöglichkeit von Psoriasis ist die Fototherapie. Diese sollte nicht bei gleichzeitiger Einnahme von Sandimmun erfolgen, da sich das Hautkrebsrisiko dadurch stark erhöht.

Welche Nebenwirkungen gibt es?

Wie alle Medikamente hat auch Ciclosporin Nebenwirkungen. Zu den häufigsten (1 von 10 Behandelten) zählen:

  • Bluthochdruck
  • Unkontrollierbares Zittern
  • Vermehrtes Haarwachstum am Körper und im Gesicht
  • Nierenprobleme
  • Erhöhte Blutfettwerte
  • Krampfanfälle
  • Leberprobleme

Weniger häufig (bis zu 10 von 100 Behandelten) treten auf:

  • Muskelkrämpfe
  • Magengeschwür
  • Vermehrtes Wachstum des Zahnfleischs
  • Taubheitsgefühle
  • Minderung der Anzahl an weißen Blutkörperchen

Sehr selten kann es zu einer Schwellung der Augenrückseite kommen, die zu Sehstörungen führen kann. Auch eine Muskelatrophie, also einem Rückgang der Muskelkraft und -zellen ist möglich. 3

Durch die Immunsuppression besteht die Gefahr, schneller an Infekten zu erkranken.

In welchen Fällen sollte Ciclosporin A abgesetzt werden?

Wenn es im Laufe der Ciclosporin Therapie zu einer Unverträglichkeit gegenüber dem Wirkstoff kommt, sollte Ihr Arzt diesen Arzneistoff gegen ein anderes Immunsuppressivum austauschen.

Häufig kommt es im Rahmen der Nebenwirkungen zu erhöhtem Blutdruck. Lässt sich dieser nicht senken, kann das auch zum Absetzen von Ciclosporin A führen. Zudem können schwere Infektionen mit Herpes simplex, Schwangerschaft oder Stillzeit zum Therapieabbruch führen.

Cyclosporin – Die Langzeitfolgen

Bei der Einnahme von Ciclosporin kann es zur Nephrotoxizität kommen. Dabei steht oxidativer Stress im Verdacht, diese Nebenwirkung zu begünstigen. 4 Bei diesem Phänomen reduziert sich die Nierenfunktion, sodass die Urinmenge zurückgeht und Kreatinin und die Harnstoffkonzentration im Blut steigt. Dieser Nebenwirkung kann mit einer Reduktion der Dosis Einhalt geboten werden.

Ciclosporin regt die Produktion von TGF-beta an. Dieses Protein, welches für die Zelldifferenzierung verantwortlich ist, soll zusammen mit der direkten zellulären Wirkung von Cyclosporin A, die Entwicklungen von Krebs fördern. 5

Ein besonders hohes Risiko besteht gegenüber Lymphomen, lymphoproliferativen Erkrankungen und Malignomen der Haut. Deshalb ist es empfehlenswert, direkten Kontakt mit UV-Strahlen weitestgehend zu reduzieren.

Zusammenfassung: Cyclosporin A Therapie

Ciclosporin A kommt natürlich in bestimmten Pilzen vor und wird für therapeutische Zwecke synthetisch hergestellt. Verwendung findet es vor allem nach Organtransplantationen zur Vermeidung von Organabstoßungen und bei Autoimmunerkrankungen. Bei Letzterem besonders bei schweren Verläufen von Psoriasis, rheumatoider Arthritis oder nephrotischem Syndrom.

Cyclosporin A hemmt die Aktivität der T-Lymphozyten und reduziert so deren Immunreaktion bis hin zur Immunsuppression. Das geschieht, indem es sich an verschiedene Proteine hängt, damit es in den Zellkern gelangt. Von dort aus hemmt es y-Interferon und Interleukin-2, sodass die Aktivierung der Lymphozyten gehemmt wird.

Bei der Einnahme sind regelmäßige Blutkontrollen notwendig. Zum einen, um den genauen Wirkstoffspiegel festzustellen und zum anderen, damit mögliche Nebenwirkungen frühzeitig erkannt werden. Dazu untersucht der behandelnde Arzt Nieren-,Leber- und Blutwerte sowie Ihren Blutdruck.

Schwerwiegende Nebenwirkungen wie Nephrotoxizität oder Malignome treten meist dann auf, wenn Cyclosporin über lange Zeit hinweg in höherer Dosierung angewendet wird. Aus diesem Grund sollten vor allem bei leichteren Verläufen der Autoimmunerkrankungen zuerst andere Immunsuppressiva eingenommen werden.

Quellen:

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