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Hinweise gefunden: Fördert ein Zusatzstoff Zöliakie?

Geschrieben von:

Julia Bonengel

Medizinisch überprüft von:

Saskia Bauhausen

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 28. November 2022 um 14:57

Bei Zöliakie handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung des Dünndarms, bei der Gluten das Immunsystem dazu bringt, den Darm anzugreifen. Allein in Deutschland leiden etwa 800.000 Menschen an der Erkrankung. Was die Krankheit genau verursacht, ist noch weitgehendst ungeklärt. Umweltfaktoren wie Lebensmittel und Medikamente scheinen unter anderem eine Rolle zu spielen. Jetzt haben Forscher mehreren Zöliakiestudien bewertet und sind auf einen Zusatzstoff in Lebensmitteln gestoßen, der mit der Krankheit zusammenhängen könnte.

Das Problem mit der mikrobielle Transglutaminase in Lebensmitteln

Für ihre Studie analysierten zwei Wissenschaftler des deutschen Aesku.Kipp-Instituts in Wendelsheim Zöliakiestudien, die sich mit dem Lebensmittelzusatzstoff mikrobielle Transglutaminase beschäftigten. Es handelt sich dabei um ein bakterielles Enzym, das häufig für die industriellen Verarbeitung von Fleisch, Milchprodukten, Backwaren und anderen Lebensmitteln verwendet wird. „Mikrobielle Transglutaminase kann Proteine zusammenkleben, so dass die Konsistenz, der Geschmack und die Haltbarkeit von Lebensmitteln verbessert wird“, erklärt Co-Autor Aaron Lerner, Gastprofessor am Institut. „Dieses Enzym funktioniert wie die von unserem Körper produzierte Transglutaminase, die bekanntlich das Ziel der Antikörper bei Zöliakie ist.”

Laut Lerner und Co-Autor Dr. Matthias Torsten besteht ein direkter positiver Zusammenhang zwischen dem steigenden Einsatz von Industrieenzymen in Backwaren und der Zunahme der Autoimmunerkrankung in den letzten vier Jahrzehnten. Aber wenn Transglutaminase normalerweise in unserem Gewebe – und durch unsere eigenen Darmmikroben – produziert wird, welchen Unterschied sollte dann ein wenig mehr in unserer Ernährung machen? „Das ist meist eine Frage des Umfangs“, erklärt Lerner. „Unsere eigene Transglutaminase hat eine andere Struktur als die mikrobielle Sorte, wodurch ihre Aktivität streng kontrolliert werden kann. Und während die relativ unterschiedslose mikrobielle Transglutaminase von einigen unserer normalen Darmbakterien produziert wird, könnte die Menge des Enzyms deutlich erhöht werden, wenn diese mikrobielle Population durch Faktoren wie Infektion, Antibiotika oder Stress – oder sogar durch den Verzehr von industriell verarbeiteten Lebensmitteln – verändert wird.“

Bestandteile des Glutens lösen außerdem Verbindungen zwischen den Darmzellen, so dass die aus Gluten gewonnene Proteine, aber auch die mikrobielle Transglutaminase, vermehrt diese Barriere durchbrechen und mit Immunzellen interagieren können. „Die mikrobielle Transglutaminase selbst könnte auch die Permeabilität des Darms erhöhen, indem sie Proteine direkt modifiziert, die die Darmbarriere zusammenhalten”, erklärt Lerner.

Ob und wie genau das Enzym mit der Autoimmunerkrankung zusammenhängt, bleibt aber ungewiss. „Letztendlich haben wir bisher nur Assoziationen zwischen mikrobieller Transglutaminase und Zöliakie. Um zu testen, ob dieses Enzym Immunschäden bei Zöliakie verursacht oder auslöst, muss man mit Tiermodellen, Darm- Zelllinien oder Biopsien experimentieren.” 

Da es bisher keine Heilung für die Erkrankung gibt, hängt die Behandlung von vorbeugenden Maßnahmen ab – der Einhaltung einer glutenfreien Ernährung. „Bis es eine klare Antwort gibt, empfehlen wir Transparenz und Wachsamkeit bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln, die mit mikrobieller Transglutaminase verarbeitet werden.” In der Schweiz müssen solche Produkte beispielsweise als ungeeignet für Menschen mit Zöliakie gekennzeichnet sein.

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