Zuletzt aktualisiert am 25. November 2022 um 13:15
Neues nicht-invasives Instrument für die Diagnose
Mit der optischen Kohärenztomografie lassen sich zahlreiche Augenkrankheiten erkennen, beispielsweise eine altersbedingte Makuladegeneration oder ein Glaukom. Für die neue Untersuchung beschäftigte sich das Forscherteam mit Läsionen der Netzhaut.
Dabei handelt es sich um Verletzungen an der inneren, lichtempfindlichen Schicht der Augen. Zuerst durchqueren Lichtimpulse die Hornhaut, die Linse und den Glaskörper, bevor sie auf die Netzhaut auftreffen. Ihre Fotorezeptoren wandeln dort Licht in Nervenreize um, die anschließend vom Gehirn zu Bildern zusammengesetzt werden.
„Die Augen sind ein Fenster in unsere Gesundheit, und viele Krankheiten können sich im Auge manifestieren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind keine Ausnahme“, sagte der leitende Studienautor, Dr. Autor Mathieu Bakhoum, Netzhautchirurg an der Universitätsklinik.
Demnach können Herz-Kreislauf-Erkrankungen Ischämie auslösen, eine verminderte Durchblutung der Netzhaut. Das führe zum Absterben von Zellen in der Netzhaut, die eine typische Markierung hinterlassen. Die Wissenschaftler haben diesem potenziellen Biomarker bereits einen wissenschaftlichen Namen gegeben: retinal ischemic perivascular lesions (ischämische perivaskuläre Netzhautläsionen), kurz RIPLs.
Im Rahmen der Studie überprüfte das Team die Aufzeichnungen von allen Personen, die von Juli 2014 bis Juli 2019 an der UC San Diego Health einen OCT-Scan der Netzhaut erhalten hatten. Aus dieser Kohorte wurden zwei Gruppen nach Überprüfung der medizinischen Daten identifiziert: Eine Gruppe bestand aus 84 Personen mit Herzerkrankungen. Die Kontrollgruppe umfasste 76 gesunde Personen.
Das Ergebnis: Die Augen der Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen wiesen eine erhöhte Anzahl von RIPLs auf. Laut den Forschern besteht zwischen der Anzahl und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine direkte Verbindung. Das Risiko ist umso höher, je mehr RIPLs im Auge vorhanden sind.
Studienautor Dr. Anthony DeMaria betonte: „Die einzige Möglichkeit, die kleinsten Blutgefäße im Körper sichtbar zu machen, ist das Auge. Insbesondere die Netzhaut liefert wichtige Hinweise auf die nachteiligen Auswirkungen von Herz-Kreislauf-Problemen wie Bluthochdruck.“
Er hofft, dass RIPLs im Auge künftig als Marker für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dienen könnten. Dies könne nützlich sein, um bei Patienten Risikofaktoren für diese Krankheiten zu bewerten. Ebenso könnten sich damit bereits bestehende Erkrankungen erkennen lassen.
Das Risiko einer Person für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird bisher mit dem Risiko-Score-Rechner für atherosklerotische Herz-Kreislauf-Erkrankungen (ASCVD) bestimmt, der vom American College of Cardiology entwickelten nationalen Richtlinie.
Die Richtlinie gilt als Goldstandard für die Beurteilung des 10-Jahres-Risikos eines Patienten für ein kardiovaskuläres Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall. In der Studie fanden die Forscher eine Korrelation zwischen der Anzahl der RIPLs im Auge eines Patienten und ihrem ASCVD-Risiko-Score.
„Personen mit niedrigen und grenzwertigen ASCVD-Werten hatten eine geringe Anzahl von RIPLs in den Augen, aber mit zunehmendem ASCVD-Risiko stieg auch die Anzahl der RIPLs“, sagte Bakhoum. Augenärzte an der UC San Diego Health erwägen nun, Patienten an einen Kardiologen zu überweisen, wenn RIPLs während eines OCT-Scans identifiziert werden.
Weltweit sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache. Viele Menschen wissen nicht, dass sie möglicherweise Herzprobleme haben. Früherkennung und frühzeitige Behandlung sind nach Ansicht der Wissenschaftler die Schlüssel, um Todesfälle zu verhindern. Damit könne eine Krankheit erkannt werden, bevor ein katastrophales Ereignis wie ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall eintritt.
Quelle:
Christopher P. Long, Alison X. Chan, Christine Y. Bakhoum, Christopher B. Toomey, Samantha Madala, Anupam K. Garg, William R Freeman, Michael H. Goldbaum, Anthony N. DeMaria, Mathieu F. Bakhoum. Prevalence of subclinical retinal ischemia in patients with cardiovascular disease – a hypothesis driven study. EClinicalMedicine,Volume 33,2021,100775,ISSN 2589-5370. https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2021.100775. (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2589537021000559)