Zuletzt aktualisiert am 10. Februar 2023 um 13:32
Weniger Aktivität, weniger Essen, mehr Verbrennen
Die Forschung zu Schwankungen des menschlichen Körpergewichts konzentriert sich tendenziell auf eine Seite des Spektrums: die schwere Seite. Übergewicht ist ein großer Risikofaktor für chronische Erkrankungen. Deshalb beschäftigen sich die meisten Studien damit, die vielen Faktoren zu verstehen, die zu Fettleibigkeit beitragen.
Warum wächst die Gruppe der Menschen mit allzu viel Körperfett seit Jahren ständig? Welche Rolle spielt die Genetik? Was bewirken Ernährung und Lebensstil? Wie tragen das Immunsystem und das Mikrobiom zum Körpergewicht bei? Wie können wir Menschen helfen, die ihr Übergewicht nicht in den Griff bekommen? Diese Fragen stehen meist im Mittelpunkt der aktuellen Forschung.
Aber es gibt noch eine andere Seite im Spektrum der menschlichen Gewichtsvariationen. Menschen, die sich mit einem allzu geringen Körpergewicht abfinden müssen. Vom Standpunkt der üblichen Klassifikationen aus gesehen, leiden Sie an Untergewicht – unabhängig davon, wie viel sie zu essen scheinen.
Irrglaube: Dünne Menschen sind körperlich aktiver
Jahrelang herrschte die Annahme vor, dass von Natur aus magere Menschen Kalorien einfach „verbrennen“, indem sie körperlich aktiver sind. Das bedeutet nicht, dass sie vor dem Frühstück Marathons laufen. Stattdessen glaubte man, dass sie sich auf natürliche Weise mehr bewegen und gleichzeitig eine höhere NEAT haben. Diese Abkürzung steht für non-exercise activity thermogenesis (nicht-übungsassoziierte Thermogenese). Dazu zählen alle Bewegungen, die keine zielgerichtete Übung sind, beispielsweise Treppensteigen, Herumzappeln, oder Auf- und Abgehen im Zimmer.
Die neue Studie widerspricht dieser bisherigen Annahme. Das Ergebnis lässt sich auf den einfachen Nenner bringen: weniger Aktivität, weniger Essen, mehr Verbrennen.
Die Forscher rekrutierten für ihre Untersuchungen 173 gesunde normalgewichtige Personen mit einem Body Mass Index (BMI) zwischen 21,5 und 25. Der BMI als Indikator für Gewicht ist umstritten. In dieser Studie dürfte er jedoch als Marker für Körperfett nützlich sein.
Dünne Studienteilnehmer zu 86 % weiblich
Eine Gruppe von 150 gesunden untergewichtigen Personen mit BMI von weniger als 18 und niedrigen Körperfettwerten ergänzte die Studienteilnehmer. Die untergewichtige Gruppe war zu 86 % weiblich, verglichen mit weniger als 50 % in der „normalen“ Gruppe. Das kann möglicherweise eine Verzerrung des Ergebnisses bedeuten. Das Durchschnittsalter für beide Gruppen lag bei Mitte zwanzig.
Die Forscher maßen Triglyceride, Cholesterin und einige Schilddrüsenhormone. Der Gesamtenergieverbrauch, der Ruheverbrauch und das Ausmaß der körperlichen Aktivität (über Beschleunigungsmesser) wurden ebenfalls berücksichtigt.
Interessanterweise zeigte sich, dass sich die dünnen Studienteilnehmer weniger bewegen, genauer um 23 % weniger, als die Personen mit höherem BMI. Infolgedessen hatten die Ultraschlanken auch einen TEE (Gesamtenergieverbrauch, auch bekannt als die Gesamtzahl der an einem Tag verbrannten Kalorien), der etwa 12 % niedriger war. Obwohl sie essen konnten, was sie wollten, aßen sie auch weniger Kalorien, um sich satt zu fühlen.
Höhere Spiegel von Schilddrüsenhormonen
Dazu kommt, dass die mageren Personen einen besonders aktiven Stoffwechsel haben. Ihr Energieverbrauch im Ruhezustand ist höher als bei normalen Menschen, etwa 22,2 % höher als für ihr Körpergewicht zu erwarten wäre. Diese höhere Stoffwechselaktivität korrelierte mit höheren Spiegeln der Schilddrüsenhormone T3, FT3 und FT4.
Und wie sieht es mit der Gesundheit der untergewichtigen Personen aus?
Ihre Werte von Triglyceriden und Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) waren signifikant niedriger, während die Werte für das High-Density-Lipoprotein-Cholesterin (HDL-C), das sogenannte gute Cholesterin, signifikant höher waren. Nach diesen Messwerten zu urteilen, waren die untergewichtigen Personen tatsächlich gesünder.
Was ist nun das Geheimnis der von Natur aus dünnen Menschen? Sie verbrennen im Ruhezustand viel mehr als normalgewichtige Personen und sind weniger hungrig, was ihren relativen Mangel an Aktivität mehr als ausgleicht.
Quelle:
Hu S, Zhang X, Stamatiou M, Hambly C, Huang Y, Ma J, Li Y, Speakman JR. Higher than predicted resting energy expenditure and lower physical activity in healthy underweight Chinese adults. Cell Metab. 2022 Jun 21:S1550-4131(22)00194-2. doi: 10.1016/j.cmet.2022.05.012. Epub ahead of print. PMID: 35839758. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35839758/)