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Laktoseintoleranz – Ist Milch gesund oder macht sie uns krank?

Geschrieben von:

Hanni Heinrich

Medizinisch überprüft von:

Inhaltsüberblick

Milch hat mehr Kalorien als Cola, ist gehaltvoll und gilt deshalb nicht als Getränk, sondern als Lebensmittel. Sie ist bekannt dafür, dass sie Kalzium liefert und gesund ist. Stimmt das überhaupt? Wo doch gefühlt jeder Deutsche eine Milch-Unverträglichkeit aufzeigt – also eine Laktoseintoleranz.

Im Durchschnitt verzehren Deutsche 83,7 Kilogramm Milch und Milchprodukte pro Jahr. Das entspricht etwa 230 Gramm pro Tag, also etwa einem Glas Milch oder einem Päckchen Quark. 15 Prozent der Deutschen können Milchprodukte schlecht bis gar nicht verdauen und leiden darunter. Das könnte an einer Laktoseintoleranz liegen.

Laktoseintoleranz – Liegt es vielleicht an der Milch?

Eine Laktose-Unverträglichkeit äußert sich bei jedem Menschen anders. Die Beschwerden können auch viele verschiedene Ursachen haben und müssen nicht zwangsläufig durch eine Milchzuckerunverträglichkeit entstanden sein. Ein Atemtest beim Arzt stellt fest, welche Ursachen und Unverträglichkeiten vorliegen.

Die sogenannte primäre adulte Laktoseintoleranz tritt meistens im Erwachsenenalter auf und gilt als die Hauptform der Laktoseintoleranz. Sie tritt auf, da nach dem Abstillen langsam die Aktivität des Enzyms Laktase im Laufe der Zeit nachlässt.

Davon sind 75 % der Weltbevölkerung betroffen, mit regionalen Unterschieden. Während bei bis zu 90 % der afrikanischen und asiatischen Bevölkerung eine Laktoseintoleranz besteht, sind 15 – 20 % der Deutschen und nur 2 % der Nordeuropäer laktoseintolerant.

Laktoseintoleranz Laktase Mechanismus
Der Mechanismus der Laktose-Spaltung durch das Enzym Laktase. Dabei entstehen Galaktose und Glukose, die Einzelzucker.

Ist Laktoseintoleranz normal?

Laktoseintoleranz ist im Grunde kein Problem, sondern für viele erwachsene Menschen auf der Welt der absolute Normalzustand. Aus Sicht der Evolution will der Körper im Erwachsenenalter  keine Säuglingsnahrung verdauen, da Milch für den Nachwuchs vorbestimmt ist.

Für Säuglinge ist Milch natürlich die einzige Nahrung, weshalb gesunde Babys überall auf der Welt über eine ausreichende Laktaseproduktion verfügen. Sonst könnten sie die Muttermilch nicht verdauen.

Im Alter von etwa drei Jahren nimmt die Laktaseproduktion bei den meisten Menschen kontinuierlich ab. Laktase ist das Enzym, das Laktose in seine Einzelbestandteile Galaktose und Glukose spaltet. Laktasemangel ist somit der weltweit häufigste „Enzymdefekt“.

Laktosetoleranz – Mutation oder Epigenetik?

Laktosetolerante Erwachsene produzieren auch nach dem Kindalter noch das Enzym Laktase. Dieses wird normalerweise nur bei Kleinkindern noch gebildet, wenn Muttermilch eine wichtige Nahrungsquelle ist.

Ab einem bestimmten Alter stellt der Körper dieses Enzym nicht mehr her, da das dafür zuständige Gen „stillgelegt“ wird. Das nennt man Epigenetik – das An- und Ausschalten von Genen durch Umwelteinflüsse (Milch).

Dass Laktase bei Erwachsenen noch gebildet wird, ist also keine Mutation im klassischen Sinne (Veränderung des Erbguts), sondern ein Paradebeispiel für Epigenetik – das Gen ist auch im Erwachsenenalter noch aktiv.

Wenn es im Darm gärt – Symptome der Laktoseintoleranz

Bei Menschen, die Laktose gut vertragen können wird der Milchzucker im Dünndarm durch das körpereigene Enzym Laktase in die kleineren Zucker Galaktose und Glukose gespalten.

Wenn der Körper Laktase nicht in ausreichenden Mengen herstellt, dann spricht man von einer Laktoseintoleranz:

Der Milchzucker wandert ungespalten in den Dickdarm. Dort fermentieren und vergären Darmbakterien den Milchzucker und Gase wie Methan, Kohlendioxid und Wasserstoff entstehen. Das führt zu unangenehmen Magen-Darm-Beschwerden oder auch zu heftigen Hautreaktionen, wenn Sie dazu Rotwein trinken, Nüsse oder Fisch essen.

Symptome der Laktoseintoleranz:

  • Blähungen
  • Völlegefühl
  • Flüssiger Stuhl
  • Erhöhte Darmbewegung
  • Kopfschmerzen
  • Durchfall
  • Hautprobleme
  • Akne
  • Symptome nach Verzehr von Milchprodukten sehr stark. Bei Verzehr laktosefreier Produkte Abklingen der Symptome.

(Der im Milchzucker enthaltene Einfachzucker Galactose gilt auch als entzündungsfördernd und schleimbildend. In mehreren Studien wurde Milch auch mit Akne in Verbindung gebracht, da Milch den Insulinspiegel ansteigen lässt. Dies wirkt sich wiederum auf andere Mechanismen im Körper aus, die am Ende auch zu Akne führen können.)

Da diese Symptome oft unspezifisch sind oder Reaktionen anderer Krankheiten sein könnten, ist es wichtig den Test zu machen, um andere Krankheiten oder Intoleranzen auszuschließen.

Eine Intoleranz kommt selten allein – wenn der Darm Zucker schlecht spalten kann

Wer häufiger unter Magen-Darm-Beschwerden leidet, verträgt neben Milchzucker vermutlich auch andere Zucker wie etwa Fruktose oder Sorbitol nur schlecht, oder den in vielen Getreidearten enthaltenen Klebereiweiß Gluten.

Eine mögliche Erklärung: Wenn das Darm-Milieu geschwächt ist, können sich in solchen Situation weitere Unverträglichkeiten entwickeln, zum Beispiel eine Fructoseintoleranz, Sorbitintoleranz oder Histaminintoleranz.

Der schlecht aufgenommene Anteil an Zucker führt im Darm zu einer veränderten bakteriellen Zusammensetzung, die die Magen-Darm-Beschwerden auslösen. Daher treten oft Laktoseintoleranz, Glutenintoleranz oder Sorbitintoleranz gleichzeitig auf.

Deshalb sollte bei einer Therapie zumindest anfänglich darauf geachtet werden, dass zuckerhaltige Lebensmittel vermieden werden. Dazu zählt bei rund 75 % der Betroffenen mit Laktoseintoleranz eben auch die Vermeidung von Obst und Süßigkeiten (Fruchtzucker, Sorbit, Xylit und anderen Zuckern).

Da ein angeschlagener Darm oft eine verminderte körpereigene Abwehrkraft besitzt und damit schneller anfällig für Infekte ist, haben es Bakterien, Viren oder Pilze leichter, den Körper anzugreifen. Es kann dann zu weiteren Symptomen wie Hautproblemen, Abgeschlagenheit, Lustlosigkeit, und vielem mehr führen.

„Therapie“ der Laktoseintoleranz

In erster Linie besteht die Therapie der Laktoseintoleranz darin, sich laktosefrei zu ernähren. Das heißt, alle Milchprodukte zu meiden. Alle – auch von Schafen, Ziegen, Büffeln, Pferden oder anderen milchgebenden Tieren.

Es empfiehlt sich, die tierischen Milchprodukte gegen pflanzliche Milchprodukte auszutauschen. Achten Sie auch auf versteckte Laktose in zahlreichen Lebensmitteln wie Kuchen, Saucen, weißen Brötchen und Fertigprodukten. Hafermilch und Reismilch werden von den meisten Menschen gut vertragen und schmecken gut.

Alternativ ist es auch möglich, zu laktosehaltigen Nahrungsmitteln Laktase-Tabletten einzunehmen. Erfahrungsgemäß ist es jedoch sicherer, ganz auf laktosefreie Produkte zurück zu greifen – oder Milchprodukte zu meiden.

Geben Sie Ihrem Darm Zeit, sich zu erholen. Eine Fastenkur kann dabei helfen, den Darm zu entlasten und sich zu regenerieren.

Wenn Sie auf Milchprodukte nicht verzichten wollen, können Sie nach Ihren Entlastungstagen Ihre Milchzucker-Toleranzgrenze testen und sich dann an Listen orientieren, die den Laktosegehalt verschiedener Milchprodukte angeben.

Oft können zum Beispiel Butter und manche Hartkäsesorten problemlos verzehrt werden, da dort nur geringe Laktosemengen enthalten sind. Je länger nämlich ein Käse reift, umso weniger Laktose enthält er. Hartkäse ist also eher laktosearm beziehungsweise sogar laktosefrei.

Auch Naturjoghurt kann gut vertragen werden, trotz seines nicht unerheblichen Laktosegehalts. Die im Joghurt enthaltenen Milchsäurebakterien enthalten Laktase, die wiederum bei der Verdauung helfen. Am besten testen Sie vorsichtig aus, ob auch Sie Joghurt gut vertragen können.

Was auch hilft, Milchprodukte nicht allein zu essen, sondern in Kombination mit anderen Lebensmitteln, etwa Joghurt als Salatdressing oder ein Gericht mit Käse überbacken. So hat der Darm etwas mehr Zeit, die Laktose zu verdauen.

Laktoseintoleranz – Nicht empfehlenswerte Lebensmittel

  • Milch und alle daraus hergestellten Produkte wie zum Beispiel Buttermilch, Quark, Mascarpone, Sauerrahm, Creme fraiche, Kaffeesahne, Sahne, Kondensmilch
  • Milchpulver, Sahnepulver, Molkepulver und alle Produkte, die diese Pulver enthalten
  • Frische Käsesorten, die nur wenige Wochen reifen
  • Süss- und Sauermolke
  • Molkenprotein
  • Milchschokolade (auch Bitterschokolade kann Milch oder Laktose enthalten)
  • Fertiggerichte und Fertigprodukte, Saucen, Gewürzmischungen, Knabberzeug
  • Wurst
  • Kuchen

Laktoseintoleranz – Empfohlene/vertragene Lebensmittel

  • Alle Lebensmittel ohne Milch oder Milchprodukte
  • Ghee (Butterschmalz) ist – im Gegensatz zu Butter – laktosefrei.
  • Butter ist für viele Laktoseintolerante verträglich, da sie nur sehr wenig Laktose enthält (0,1 bis 1 g pro 100 g Butter).
  • Hartkäse, lang gereifte Käsesorten wie Emmentaler, Parmesan und Gouda sind für viele Laktoseintolerante verträglich (0 bis 0,5 g Laktose pro 100 g Käse).
  • Selten sind Mozzarella, Limburger und Gorgonzola – je nach Marke und Herstellungsverfahren – laktosearm oder gar laktosefrei.
  • Laktosefreie Produkte (während des Herstellungsprozesses wird Laktase zur Milch gegeben. Die Laktase spaltet dann schon in der Milch den Milchzucker in Glucose (Traubenzucker) und Galactose, laktosefreie Produkte enthalten weniger als 0,1 Gramm Laktose pro 100 Gramm Lebensmittel.
  • Naturjoghurt (austesten nach einigen Wochen)

Laktosefrei und Kalziummangel?

Bei gesunder und abwechslungsreicher Ernährung besteht kein Risiko eines Kalziummangels. Es gibt viele Lebensmittel, die gleich viel oder mehr Kalzium enthalten als Milch, da die weiße Flüssigkeit eigentlich Säuglingsnahrung ist.

Reich an Kalzium:

  • Brokkoli
  • Grünkohl
  • sämtliche Kopfkohlarten
  • Spinat
  • Chinakohl
  • Bohnen
  • Linsen
  • Erbsen
  • rotes Fleisch
  • Knochenbrühe
  • Süßkartoffeln
  • Kürbisgewächse
  • Kresse
  • Nüsse
  • Leinsamen und Chiasamen
Laktosefreie Ernährung hilf bei Magen-Darm-Beschwerden
Milch ist nicht das einzige Nahrungsmittel, das viel Kalzium enthält.

Fazit: So lindern Sie Ihre Symptome bei einer Laktoseintoleranz

Die primäre Laktoseintoleranz ist eine weit verbreitete epigenetisch bedingte Nahrungsmittelunverträglichkeit. Ursache ist der Mangel an Laktase.

Durch eine gezielte Ernährungsumstellung, bei der laktosehaltige Nahrungsmittel gemieden oder reduziert werden, lassen sich Beschwerden vermeiden. Die Diagnose „Laktoseintoleranz” bedeutet jedoch nicht zwangsläufig den vollständigen Verzicht auf Milch oder Milchprodukte: Immer mehr laktosefreie Milchprodukte stehen im Handel zur Verfügung.

Wie sind Ihre Erfahrungen zur Laktoseintoleranz? Würden Sie gerne etwas ergänzen? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar.

[su_spoiler title = „Quellenverzeichnis“]

  1. Laktoseintoleranz: Neue Aspekte eines alten Problems
    Dtsch med Wochenschr 2007; 132(12): 634-634
    DOI: 10.1055/s-2007-973597
  2. Sieber, R., Stransky, M. & de Vrese, M. Z Ernährungswiss (1997) 36: 375. https://doi.org/10.1007/BF01617834
  3. Arola H, Thamm A. Metabolism of lactose in the human body. Scand J Gastroenterol. 1994; 202 21S-25S

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