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Der lange Weg zu einer vielfältigen Darmflora

Geschrieben von:

Kornelia C. Rebel

Medizinisch überprüft von:

Saskia Bauhausen

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 25. November 2022 um 13:41

Darmbakterien lernen und unterstützen sich gegenseitig

Fredrik Bäckhed, Professor für Molekulare Medizin an der Sahlgrenska-Akademie der schwedischen Universität Göteborg, leitete die neue Studie, die in Zusammenarbeit mit dem County Hospital in Halmstad durchgeführt wurde.

Professor Bäckhed und sein Team haben bereits in früheren Studien gezeigt, dass die Art der Entbindung und die Ernährung die Zusammensetzung der Darmmikrobiota von Kindern beeinflussen. In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher detailliert, wie sich die Zusammensetzung der Darmbakterien bei 471 im Krankenhaus in Halmstad geborenen Kindern entwickelt hatte.

Die erste Stuhlprobe wurde bei jedem Kind sofort nach der Geburt durch Kaiserschnitt entnommen. Nach 4 Monaten, 12 Monaten, 3 Jahren und 5 Jahren wurden weitere Proben analysiert. Die Wissenschaftler konnten so den sukzessiven Einbau verschiedener Bakterien in die Darmflora der Kinder verfolgen.

Bei der Geburt ließen sich im Darm der Kinder bereits Bakterien und andere Mikroorganismen nachweisen. In den ersten Lebensjahren nimmt der Artenreichtum dann stetig zu. Die aktuelle Studie sorgte dafür, ein detailliertes Bild dieser Entwicklung zu zeichnen.

Eine wichtige Schlussfolgerung der Forscher ist, dass die Darmmikrobiota ein Ökosystem bildet, dessen Reifung lange dauert. Selbst im Alter von 5 Jahren ist das System noch unvollständig. Eine weitere Erkenntnis: Der Reifungsprozess kann von Kind zu Kind sehr unterschiedlich aussehen und verschieden lange dauern.

Im Alter von 4 Monaten war die Darmmikrobiota bei den mit Kaiserschnitt geborenen Säuglingen im Vergleich zu vaginal geborenen Säuglingen noch weniger vielfältig. Als die Kinder 3 und 5 Jahre alt waren, hatte die Vielfalt und Zusammensetzung der Mikrobiota im Darm jedoch aufgeholt. Zu dieser Zeit ließ sich kaum noch ein Einfluss der Entbindungsart beobachten. Die Darmmikrobiota hatte sich weitgehend angeglichen.

Die Studienautoren kamen zu dem Schluss, dass die Darmflora ein dynamisches System ist. Weitere Studien könnten zeigen, ob die frühen Unterschiede in der Darmflora bei Kindern mit Kaiserschnitt später im Leben Auswirkungen haben, so Fredrik Bäckhed, Professor für Molekulare Medizin, Sahlgrenska-Akademie an der Universität Göteborg.

Er bezeichnet es als bemerkenswert, dass im Alter von 5 Jahren einige der Bakterien, die wichtige Bestandteile der Darmmikrobiota bei Erwachsenen sind, bei Kindern noch fehlen.

Dies weise darauf hin, dass der Darm eine komplexe Umgebung sei. Offensichtlich schaffen Bakterien erst mit der Zeit die idealen Bedingungen für die gegenseitige Besiedlung. Laut den Forschern hat die aktuelle Studie unser Verständnis darüber erweitert, wie Menschen mit den Billionen von Bakterien in unserem Körper interagieren und wie sich diese Bakterien etablieren.

Lisa Olsson, Forscherin an der Universität Göteborg, fügte hinzu:

„Kinder lernen Fähigkeiten wie Gehen und Sprechen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, und es stellt sich heraus, dass dies auch für die Reife der Darmmikrobiota gilt.“

Quelle:

Roswall J, Olsson LM, Kovatcheva-Datchary P, Nilsson S, Tremaroli V, Simon MC, Kiilerich P, Akrami R, Krämer M, Uhlén M, Gummesson A, Kristiansen K, Dahlgren J, Bäckhed F. Developmental trajectory of the healthy human gut microbiota during the first 5 years of life. Cell Host Microbe. 2021 Mar 23:S1931-3128(21)00100-1. doi: 10.1016/j.chom.2021.02.021. Epub ahead of print. PMID: 33794185. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33794185/)

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