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Harnwegsinfektionen belasten Frauen enorm

Harnwegsinfektionen beeinträchtigen die Lebensqualität enorm. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie US-amerikanischer Forscher. Demnach leiden über die Hälfte aller Frauen mit Harnwegsinfektionen an Schlafmangel. Zudem haben sie häufig Probleme mit Bewegung und sexueller Intimität. Auch auf die Produktion am Arbeitsplatz wirken sich diese Infektionen aus.

Geschrieben von:

Kornelia C. Rebel

Medizinisch überprüft von:

Dr. Iris Belfort

Inhaltsüberblick

Zuletzt aktualisiert am 10. März 2023 um 20:18

Sexualleben, Sport und Selbstwertgefühl leiden

Mehr als 150 Millionen Frauen weltweit haben jedes Jahr Harnwegsinfektionen (HWI). In Deutschland berichten Fachleute, dass 50 bis 70 Prozent aller Frauen mindestens einmal im Leben an einer HWI erkranken. Oft wird diese Infektion chronisch. Das kann tödliche Folgen haben. Mindestens jeder zehnte Todesfall durch Sepsis geht hierzulande auf HWI zurück.

US-amerikanische Forscher haben jetzt untersucht, wie HWI die Lebensqualität von Frauen beeinträchtigt. Für diese Studie führten die Forscher eine Online-Umfrage unter 375 Frauen ab 18 Jahren aus den Vereinigten Staaten durch. Alle interviewten Frauen hatten in den 60 Tagen vor der Befragung eine Harnwegsinfektion erlitten. Dafür hatte ihnen der behandelnde Arzt eines oder mehrere orale Antibiotika verschrieben.

Zwei von drei Befragten haben Probleme mit Geschlechtsverkehr

Die Umfrage enthielt Fragen zu allen Bereichen des täglichen Lebens, unter anderem, wie sich HWI auf die Aktivitäten, die gesundheitsbezogene Lebensqualität, die Produktivität am Arbeitsplatz und die Nutzung von Gesundheitsressourcen auswirkte.

Bei der Analyse stellten die Forscher fest, dass 66,9 % der Teilnehmer über Probleme beim Geschlechtsverkehr berichteten. 60,8 % hatten mit Schlafproblemen zu kämpfen und 52,3 % gaben an, sportliche Aktivitäten nicht gut ausführen zu können.

Brennen einer der schädlichsten Reize für das Gehirn

Die HWI wirkten sich auch stark auf die Produktivität am Arbeitsplatz aus. Bei der Vorstellung der Studie betonte Studienautorin Dr. Jennifer Linehan, Urologin und außerordentliche Professorin am Saint John’s Cancer Institute im Providence Saint John’s Health Center in Santa Monica, Kalifornien, dass eine Frau mit HWI nur noch sehr schwer schlafen kann. Noch schwieriger sei jedoch, mit dieser Infektion zu arbeiten und Sport zu treiben.

Nach Auskunft von Dr. Linehan zählt das Brennen beim Wasserlassen zu den „schädlichsten Reize für das Gehirn“. Wenn sie Patienten mit HWI operiert und eine Kamera in die Blase einführt, die dafür übervoll sein muss, wacht die Patientin laut Dr. Linehan aus der Narkose auf: „So schädlich sind die Reize für das Gehirn.“ Wer sich mitten in einer Harnwegsinfektion befindet, kann demnach nichts anderes denken oder tun, so sehr beschäftigen die Symptome die Frauen.

Häufig: Sorgen, Frustration und Wut

Die Wissenschaftler fanden auch heraus, dass Frauen mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen unter einer generellen Abnahme ihrer Lebensqualität leiden. Obwohl HWI eine behandelbare Erkrankung ist, kann sie verschiedene Symptome verursachen, die sich stark auf das tägliche Leben einer Person auswirken.

Frühere Forschungen zeigten bereits, dass wiederkehrende Harnwegsinfektionen das Selbstwertgefühl und die Beziehungen einer Frau beeinträchtigen können. Eine Studie aus dem Jahr 2022 berichtete, dass Frauen mit wiederkehrenden Harnwegsinfektionen viele negative Emotionen erleben, darunter Sorgen, Frustration und Wut.

Der 5 Punkte Aktionsplan für deine Blasengesundheit

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Wenn das Durchspülen nicht funktioniert…

Die meisten Harnwegsinfektionen werden durch Bakterien verursacht. Normalerweise werden Bakterien, die in die Harnröhre gelangen, mit dem Urin ausgespült. Manchmal funktioniert dies jedoch nicht und die Bakterien können zur Blase wandern, was zu einer Harnwegsinfektion führt.

Zu den Symptomen einer Harnwegsinfektion gehören:

  • Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen
  • erhöhte Häufigkeit oder Harndrang
  • Fieber
  • Übelkeit und/oder Erbrechen
  • Müdigkeit
  • Zittern und/oder Schüttelfrost

Bestimmte Faktoren vergrößern das Risiko, sich mit einer HWI zu infizieren. Dazu zählen:

  • Vorherige HWI
  • Diabetes
  • Schwangerschaft
  • Sexuelle Aktivität

Komplizierte und unkomplizierte Infektionen

Laut Dr. Linehan gibt es zwei Haupttypen von HWI. Eine HWI wird als unkompliziert eingestuft, wenn die Infektion mit Antibiotika behandelbar ist. Eine komplizierte HWI könne dagegen bei Patienten mit veränderter Anatomie auftreten, etwa durch einen Katheter, Nierensteine oder eine Obstruktion der Harnwege. Manchmal ist eine HWI auch auf eine Fistel zurückzuführen. Eine HWI sollte demnach nie auf die leichte Schulter genommen werden.

Wie bei jeder Studie, gibt es jedoch einige Einschränkungen. Bei der aktuellen Studie wurden die Daten durch Selbstberichte erhoben, die erfahrungsgemäß relativ unzuverlässig sind. Die Teilnehmer hatten selbst angegeben, eine HWI durchlitten zu haben.

Allerdings ist es möglich, dass die Symptome einer HWI nicht durch eine echte Infektion verursacht werden. In den USA und anderswo diagnostizieren viele Ärzte eine HWI bei ihren Patienten, ohne eine Urinkultur durchgeführt zu haben. Darüber hinaus wird manchmal durch eine Kultur eine HWI bestätigt, die Patientin hat jedoch keine Symptome. Diese Fälle wurden bei der Studie nicht berücksichtigt.

Quelle:

Thompson J, Marijam A, Mitrani-Gold FS, Wright J, Joshi AV. Activity impairment, health-related quality of life, productivity, and self-reported resource use and associated costs of uncomplicated urinary tract infection among women in the United States. PLoS One. 2023 Feb 1;18(2):e0277728. doi: 10.1371/journal.pone.0277728. PMID: 36724152; PMCID: PMC9891499. (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36724152/)

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